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Deutsche Museen: Gauweiler fordert größere Anstrengung bei Rückgabe von Beutekunst

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Spiegel Online 28 January 2013
By Steffen Winter

In ganz Europa haben die Nazis Kunstwerke geraubt - Abertausende liegen bis heute ungeprüft in deutschen Museen. Ein Unding, findet der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler und fordert, mehr Aufwand zu betreiben, um eventuelle Rückgabeansprüche zu klären.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler fordert von der Bundesregierung einen Bericht zum Stand der Provenienzforschung an deutschen Museen. Hintergrund ist ein Bericht des SPIEGEL, wonach die Suche nach Beute- und Raubkunst in den Kunsthäusern der Bundesrepublik nach wie vor nur schleppend vorangeht. So fördert der Bund zwar Provenienzrecherchen in Museen, bisher wurden aber nur 84 derartige Projekte bewilligt - bei 6300 Museen in Deutschland.

Gauweiler, der im Bundestag dem Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik vorsteht, will eine Debatte zu dem Thema anstoßen: "Der Umgang mit diesen Kunstwerken beeinflusst auch das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland." Deutschland dürfe sich bei dem Thema nicht verstecken. "Wir müssen uns befreit vom Schatten der Vergangenheit damit beschäftigen", so Gauweiler. Der CSU-Politiker will unter anderem klären lassen, in welchen Museen noch Bedarf an Stellen für die Provenienzforschung besteht.

Zuvor hatte bereits der einstige SPD-Kulturstaatsminister Michael Naumann im SPIEGEL gefordert, der Bund müsse die Rückgabeansprüche ehemaliger Besitzer von Beutekunst gesetzlich neu regeln. Naumann forderte auch mehr Geld für die Forschung und schlug vor, zehn Millionen Euro aus dem Etat für ein neues Sudetendeutsches Museum dafür zu verwenden.

4400 Gemälde - und nur eine Kunsthistorikerin

Die Nationalsozialisten hatten zu Kriegsende fast fünf Millionen Kunstwerke gehortet. Sie waren in fast ganz Europa zusammengerafft und bis zur Kapitulation im Mai 1945 in 1500 Depots im gesamten Reich eingelagert worden. Etliche Kunstwerke gingen in den letzten Kriegstagen Flammen auf, andere wurden von Soldaten mitgenommen oder von der Zivilbevölkerung geraubt. Bis 1950 gingen vor allem auf Betreiben der Alliierten schätzungsweise 2,5 Millionen Kunstwerke an ihre ursprünglichen Besitzer zurück.

Noch heute lagern Teile des Kunstschatzes in deutschen Museen. Der Bund hat gut 20.000 derartige Erbstücke aus der NS-Zeit in seinem Besitz, darunter 2300 Gemälde. Hinzu kommen Hunderte Werke in deutschen Museen. Die Kunsthäuser müssen ihre gesamten Sammlungsbestände seit Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 auf ihre Herkunft hin überprüfen, was einen enormen Personalaufwand bedeutet. So gibt es bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen eine festangestellte Kunsthistorikerin, die allein 4400 Gemälde und 770 Skulpturen überprüfen muss. Wenn sie keine personelle Unterstützung bekommt, ist das eine Lebensaufgabe.

Bis heute fordern Erben meist jüdischer Kunstsammler Kunstwerke aus deutschen Museen zurück. Die Hinterbliebenen der Opfer von einst beklagen, dass die Beweisanforderungen viel zu hoch seien und die Museen nicht selbst auf die Erben zukämen.

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