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Suche nach verschollener Kunst - Search for Lost Art

1998
1970
1945
Saarbrücker Zeitung 10 January 2014
Von SZ-RedakteurinSophia Schülke (English summary below)

Saarlandmuseum will verlorene Werke von Sammler Gurlitt zurückkaufen

272 Kunstwerke hat das Saarbrücker Museum durch die NS-Aktion von 1937 gegen „entartete“ Kunst verloren. 46 dieser Werke gingen durch die Hände des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Gibt es eine Chance, sie zurückzuholen? (Veröffentlicht am 10.01.2014)

 

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Ein Abzug dieser Druckgrafik von Otto Dix gehörte zur Sammlung des Staatlichen Museums, wurde aber 1937 von den Nazis entfernt. Zu sehen ist Kunsthändler I. B. Neumann. Foto: Otto-Dix-Archiv BevaixFoto: Otto-Dix-Archiv Bevaix

Saarbrücken. „Von einigen wissen wir nicht mal, wie sie aussehen“, sagt Kathrin Elvers-vamberk fast resigniert. In Händen hält die stellvertretende Leiterin des Saarbrücker Saarlandmuseums eine Inventarliste aus den 30er Jahren. 1937 entfernten die Nazis aus Museen und öffentlichen Ausstellungen jene Werke, die sie als „entartet“ oder als „Verfallskunst“ diffamierten. Später legitimierte das „Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst“ die Aktion.

Auch das Staatliche Museum in Saarbrücken hat dadurch 272 Werke, mehrheitlich Druckgrafiken, verloren. Davon gingen 46 Werke nachweislich durch die Hände des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Darunter waren Abzüge von „Die nächtliche Erscheinung“, einer Lithografie von Otto Dix, von der Kaltnadelradierung „Schiessbude“ aus der Hand von Max Beckmann sowie ein Abzug von der Radierung „Leute im Dorfkrug“ des Künstlers Emil Nolde. Insgesamt handelt es sich um zehn Handzeichnungen und 36 Drucke. Das Beweisen die „Harry-Fischer-Liste“ in London, die das komplette NS-Beschlagnahme-Inventar darstellt, und die Inventarstempel des Staatlichen Museums Saarbrücken.

Die große Frage, die sich auch Roland Mönig, der neue Chef der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz stellt, ist: Wie viele dieser 46 Werke befinden sich heute noch in der bis vor zwei Monaten verloren geglaubten Sammlung Gurlitts?

Wie nun bekannt wurde, hat sich die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz vor Weihnachten an die Berliner Taskforce gewandt, um Informationen über einen möglichen Verbleib der 46 Werke in der Gurlitt-Sammlung zu erbitten. Der spektakuläre Sammlungsfund mit den 1280 Kunstwerken von vielen sehr berühmten Künstlern hatte im November für internationales Aufheben und für allerhand Kritik an den verantwortlichen Behörden gesorgt.

Dass Gurlitt die Werke kaufte, heißt aber nicht automatisch, dass alle Werke noch in der bei Gurlitts Sohn Cornelius aufgetauchten Sammlung lagern. „Wenn sich dort noch zwei oder drei Blätter finden, ist es ein großes Glück. Dann fragen wir Gurlitt an, ob er sie uns verkauft“, sagt Roland Mönig. „Wir können nichts zurückfordern“, erklärt er ausdrücklich. Schließlich handele es sich nicht um Raubkunst, welche die Zwangsenteignungen privater Sammler betraf, sondern um eine damals gesetzlich legitime Entfernungsaktion bestimmter Kunst aus staatlichen Museen. „Eine staatliche Maßnahme an staatlichem Eigentum“, formuliert es Elvers-vamberk.

Noch suchen die Behörden einen Modus, wie mit der wiedergefundenden Sammlung verfahren werden soll. Für den Fall, dass Werke veräußert werden, hat das Saarlandmuseum sein Interesse bekundet. Auch wenn der Kunstsammler Hildebrand Gurlitt die Druckwerke für Devisen in lächerlichen Summen wie einen halben Schweizer Franken kaufte – der Verkaufspreis dürfte im Falle eines Rückkaufes deutlich höher ausfallen.

„Diese Blätter sind wertvoll für uns, weil sie Zeugnis für die Sammelintention des Museums sind, die schon in den 20er Jahren international und zeitgenössisch war“, erklärt Mönig. Gesammelt hat die betreffenden Werke Fritz Grewenig, Initiator und Leiter des Staatlichen Museums, mit anderen Werken zeitgenössischer Kunst in den 20er Jahren. Damit legte er einen bedeutenden Grundstock für das Museum. Später ging die Sammlung des Staatlichen Museums Saarbrücken in den Besitz des Saarlandmuseums über.

Zum Thema:

Auf einen BlickUnter den 46 Kunstwerken befinden sich Druckgrafiken und Handzeichnungen von bekannten Malern und Grafikern wie Max Beckmann, Otto Dix, Marc Chagall, Emil Nolde, Karl Schmidt-Rottluff, George Grosz oder Ernst Ludwig Kirchner. sop
English summary:

46 of the 272 'degenerate' works of art taken in 1937 from the Saarbrücken Museum passed through the hands of Hildebrand Gurlitt. If any are in the Gurlitt collection today, the museum would like to buy them back. Among the 46 were works by Max Beckmann, Otto Dix, Marc Chagall, Emil Nolde, Karl Schmidt-Rottluff, George Grosz and Ernst Ludwig Kirchner.


http://www.saarbruecker-zeitung.de/sz-berichte/kultur/Suche-nach-verschollener-Kunst;art2822,5090160
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