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Suche nach Nazi-Raubkunst dauert noch Jahre - The Search for Nazi-looted Art will last for years

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Die Welt 28 january 2014
 

Wer sucht, der findet. Auch abseits des spektakulären Kunstfundes Gurlitt taucht immer mal wieder Nazi-Raubkunst auf. Das Land beschäftigt drei Kunstdetektivinnen.

Suche nach Kunst mit dunkler Geschichte 
Foto: dpa Wie eine Detektivin sieht sie nicht gerade aus. Und doch versucht Anja Heuß Geheimnisse zu lüften. Als Historikerin, im Namen der Kunst. Als vom Land bezahlte Provenienzforscherin bringt sie Licht ins Dunkel der Geschichte so manches Gemäldes oder Kunstobjekts Bild teilen
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Das Land will bei der Suche nach Nazi-Raubkunst in seinen Museen nicht nachlassen. Die Forschung werde noch Jahre dauern, die Finanzierung sei aber gesichert, versicherte Kunststaatssekretär Jürgen Walter (Grüne) in Stuttgart. Aktuell überprüften die Museen im Südwesten in 28 Fällen mögliche Nazi-Raubkunst auf ihre Herkunft.

Die Besonderheit: Immer mehr solcher Suchen gehen nicht auf Anträge von möglichen Erben zurück, sondern auf Eigenrecherchen von drei Expertinnen, die das Land nach einer Anschubfinanzierung durch den Bund jetzt zu 100 Prozent zahlt. Damit sei Baden-Württemberg Vorreiter, sagte Walter, und stelle sich seiner Verantwortung "in besonderer Weise".

Die jährlichen Kosten für die zweieinhalb Stellen an der Staatsgalerie und dem Landesmuseum Württemberg in Stuttgart sowie am Badischen Landesmuseum und der staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe bezifferte Walter auf 250.000 Euro pro Jahr. "Wir werden dieses Engagement bis auf weiteres fortführen und zwar so lange es braucht, die Herkunft der Bestände zu untersuchen", sagte Walter.

Wie mühsam und aufwendig die Suche nach den rechtmäßigen Besitzern sein kann, zeigt sich auch daran, dass in den vergangenen zwölf Jahren nur 20 solcher Fälle abgeschlossen wurden. Bei einem Fall in der Staatsgalerie Stuttgart haben die Recherchen 14 Jahre gedauert, wie Walter berichtete. In 18 Fällen seien die Kunstgegenstände an Erben zurückgegeben worden. In zwei Fällen erwiesen sich die Ansprüche als unbegründet und wurden zurückgezogen.

Meist handele es sich um Gemälde aus früheren Beständen jüdischer Kunstsammler und Ansprüche von heute überwiegend in den USA lebenden Nachkommen oder von weltweit verstreuten Erbengemeinschaften. Es gehe aber auch um Skulpturen, Porzellanfiguren und Gobelins, eine komplette Keramiksammlung sowie Tisch- und Taschenuhren, Goldmünzen oder ein Relief.

Nicht selten geht es um große Namen: So prüft die Staatsgalerie Stuttgart derzeit die Herkunft von Franz Marcs "Kleine, blaue Pferde" und Lionel Feiningers "Barfüßerkirche in Erfurt". Francesco Guardis Gemälde "Palasttreppe" aus der Staatsgalerie geht zurück an Polen. Walter sieht keinen Zweifel daran, dass Nazis es aus dem Nationalmuseum Warschau gestohlen haben.

Und manchmal endet die Recherche mit der Erkenntnis, dass ein Werk dort, wo es hängt, genau richtig ist. Nach drei Jahren etwa wurde eine Lücke in der Geschichte von Goyas Gemälde "Don Juan Bautista Goicoechea y Urrutia" aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe geschlossen: Ein Hamburger Sammler hatte das Gemälde nachweislich bereits 1919 erworben, wo es bis 1964 im Familienbesitz blieb, bevor es dann nach Karlsruhe verkauft wurde. In Nazi-Händen war es nie, die Erben des früheren jüdischen Eigentümers zogen ihre Ansprüche zurück.

 

http://www.welt.de/regionales/stuttgart/article124318858/Suche-nach-Nazi-Raubkunst-dauert-noch-Jahre.html
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