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Oldenburg sammelt Raubkunst von Privat - Oldenburg collects looted art from private collections

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Norddeutscher Rundfunk 14 August 2014
 


Ob die Raubkunst aus Privatbesitz ausgestellt wird, sei noch unklar, so das Oldenburger Stadtmuseum, zu dem auch das Horst-Janssen-Museum gehört.

Der Fall des Kunstsammlers Gurlitt hat großes Aufsehen erregt und gleichzeitig den Blick auf ein weiteres dunkles Kapitel des Nationalsozialismus gelenkt: die Enteignung der Juden und den Umgang mit Raubgut. In Oldenburg haben sich das Stadt- und das Landesmuseum zusammengeschlossen, um eine Sammlung mit Raubgut aus ehemals jüdischem Besitz aufzubauen. Menschen können anonym und unbürokratisch ihre Stücke abgeben, deren Herkunft zumindest fragwürdig ist.

Große Kunst war noch nicht dabei

Mehr als 20 Personen haben sich bisher allein an das Stadtmuseum gewandt - und Möbel, Porzellan oder Zinn abgegeben, wie Friedrich Scheele, Direktor der Museen, Sammlungen und Kunsthäuser der Stadt Oldenburg, sagt. "Malerei, Grafiken und diese Dinge, die man aus dem Fall Gurlitt kennt, waren noch nicht dabei", erzählt Scheele. "Spannend finde ich es aber trotzdem. Auch, wenn diese Dinge hier vermeintlich unspektakulär sind, zeigen sie aber die gesamte Bandbreite auf." Die jetzt abgegebenen Stücke seien nur eine erste Bilanz, so Scheele.

Abgegebenes "Hollandgut" war Initialzündung fürs Projekt

Der Fall Gurlitt habe dazu beigetragen, dass sich viele Menschen mit der Herkunft von Gegenständen auseinandersetzen. Eine Familie habe schließlich den Stein ins Rollen gebracht und so dafür gesorgt, dass das Projekt beider Museen gestartet wurde, so Scheele. Sie gaben sogenanntes Hollandgut beim Museum ab. "Hollandgut" oder "Hollandmöbel" - so wurden in der Nazizeit beschlagnahmte Güter deportierter Juden genannt, die aus den besetzten Gebieten in Holland, Belgien, Luxemburg und Frankreich kamen. Diese wurden zunächst zentral gelagert und dann an Bombengeschädigte oder kinderreiche Familien verteilt oder verkauft.

Die Entscheidung der Menschen, sich von den Objekten zu trennen, hält Scheele für etwas Besonderes: "Das heißt ja auch, sich unter Umständen von etwas zu trennen, das man schon jahrelang im persönlichen Besitz hat - es aber nicht weiter hinterfragt hat. Und wenn dann aufgrund eigener Recherche klar wird, dass sich diese Dinge unrechtmäßig im Besitz befinden, diese dann zurückzugeben - an die Öffentlichkeit und an Fachleute - das finde ich außergewöhnlich."

Mehrere Tausend Waggons mit jüdischem Vermögen?

Wie viele Gegenstände sich aber tatsächlich in den Haushalten befinden, die unrechtmäßig enteignet wurden, lasse sich schwer sagen, so Scheele. Die Rede ist von mehrere Tausend Waggons, die mit enteigneten jüdischem Vermögen aus den besetzten Gebieten angeliefert wurden. "Ich bin auf Hunderte von Objektbeständen gestoßen, die man in diesem Zusammenhang als 'Hollandgut' einsortieren muss, Die Zahl erscheint mir nicht unrealistisch, wenn man weiß, wie systematisch die Nazis hier Sammellager aufgebaut haben - und in Oldenburg und auch im Weser-Ems-Gebiet überregional die Dinge zusammengezogen haben, um sie dann wieder zu verschlagen." Da gebe es einige Daten, die man kenne, so Scheele.

Durch die Aufmerksamkeit erhoffen sich die Museen nun, viele solcher Objekte und Alltagsgegenstände zu erhalten. Sie verwahren die Gegenstände auf. Ob diese in einer Ausstellung zu sehen sein werden, ist noch unklar. Im Idealfall aber können sie den rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden.

 

http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Oldenburg-sammelt-Raubkunst-aus-Privathaushalten,raubkunst108.html
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