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Suche nach Esszimmer der Familie Gröschler - Search for the Gröschler family's dining room

1998
1970
1945
NWZ Online 1 October 2016

Seltenes Foto erinnert an die vernichtete jüdische Gemeinde in Jever – Schlossmuseum sucht Hinweise

Das Esszimmer des Ehepaars Hermann und Änne Groeschler an der Albanistraße (Foto ca. 1930. Quelle: Bob Löwenberg)

 
Das Schlossmuseum widmet sich zurzeit der Provenienzforschung: Es geht um die Herkunft von Ausstellungsstücken.

Jever: Das Foto ist auf den ersten Blick unspektakulär: Die Ansicht eines Esszimmers in einer jeverschen Wohnung um 1930. Teppiche, Möbel und sonstige Gegenstände mögen so in vielen gutbürgerlichen Haushalten zu finden gewesen sein.

Erst der Hintergrund der Aufnahme macht seine Bedeutung aus: Es handelt sich um das Esszimmer des jüdischen Ehepaars Hermann und Änne Gröschler, Albani­straße. Auf eine jüdische Familie weisen die beiden silbernen Kerzenhalter auf der Anrichte links hin, die am Sabbat beim Lichtersegen Verwendung fanden; außerdem eine Bessamimbüchse rechts daneben, in der eine Gewürz-Mischung für Feiertage aufbewahrt wurde.

Hermann Gröschler war mit seinem Bruder Julius Betreiber des Unternehmens „S. Groeschler KG“. Er war zudem Vorsteher der Synagogengemeinde und bis 1933 Mitglied im Stadtrat. Die Brüder sind die Namensgeber des Gröschler-Hauses – Zentrum für Jüdische Geschichte und Zeitgeschichte der Region an der Großen Wasserpfortstraße 19.

Hermann Groeschler und seiner Ehefrau Änne, geborene Steinfeld, wurde 1933 ihre Wohnung an der Albanistraße gekündigt, sie wohnten dann an der Blauen Straße 1. Im Januar 1939 flüchteten sie in die Niederlande. Bei der Emigration mussten die Gröschlers den größten Teil ihrer Habe in Jever zurücklassen. Nach der deutschen Besetzung Hollands verschleppten die Nazis das Ehepaar. Hermann Gröschler starb in Bergen-Belsen an den Folgen der KZ-Haft am 16. Februar 1944. Seine Frau Änne gelangte mit einem „Austauschtransport“ über Istanbul nach Palästina. Sie wohnte in Jerusalem, kehrte aber nach Holland zurück und starb dort 1983.

Die auf dem Foto gezeigte Einrichtung könnte 1939 noch in den Haushalt von Hedwig und Julius Gröschler gelangt sein. Er musste im März 1940 auf Anordnung der Staatspolizeileitstelle Jever verlassen. Das Mobiliar könnte somit im März 1940 – mit Habseligkeiten weiterer über 30 Juden – zum Versteigerungsgut der Auktion in der damaligen Bahnhofshalle gehört haben. Über die Käufer und den Verbleib der Verkaufsobjekte ist nichts mehr bekannt.

Hinweise gesucht auf Mobiliar

 Änne und Hermann Gröschler mit ihrer ältestnr Tochter Käthe 1935. BILD: Schloss

Das Schlossmuseum Jever/Provenienzforschung und das Gröschler-Haus würden sich zur Unterstützung der weiteren Forschung über Mitarbeit der Leser freuen. Wer kann Hinweise geben zum Verbleib der auf dem Foto zu sehenden Einrichtung? Auch zur Auktion im März 1940 werden noch Hinweise oder Dokumente gesucht.

Kontakt: Schlossmuseum Jever, Provenienzforschung (Christiane Baier, Holger Frerichs), Tel. 04461/
969 350.

Über die Vertreibung der letzten jeverschen Juden und die Auktion in der „Bahnhofshalle“ im März 1940 ist ein Forschungsbericht auf der Webseite des Gröschler-Hauses unter der Rubrik „Dokumentationen“ zu finden.

Weitere Infos zur Auktion im März 1940: www.groeschlerhaus.eu/forschung/jever-und-jeverland/juedische-geschichte/die-vertreibung-der-jeverschen-juden-und-die-judenmoebel-auktion-in-der-bahnhofshalle-im-maerz-1940/

http://www.nwzonline.de/friesland/politik/suche-nach-esszimmer-der-familie-groeschler_a_31,1,1575857799.html
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