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Lentos widmet sich seinem „Gründer“ - Lentos is dedicated to its 'founder'

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1970
1945
Voklsblatt 3 October 2019


Große Ausstellung „Wolfgang Gurlitt — Zauberprinz“ beleuchtet das Leben des Kunsthändlers, Mäzens und auch umstrittenen Sammlers

Max Pechstein „Hängematte I“, 1919 © Fotowerkstatt Hamburger Kunsthalle

Einzigartige Schätze, große Namen, noch nie ausgestellte oder einst als „entartete Kunst“ bezeichnete Werke — die gestern eröffnete Ausstellung „Wolfgang Gurlitt — Zauberprinz“ bis Jänner 2020 im Lentos Kunstmuseum Linz zeigt ein breites Spektrum. Der 1888 geborene Kunsthändler baute seit 1946 die Neue Galerie der Stadt Linz auf, die er bis 1956 leitete und aus der 2003 das Lentos entstand.

Aufgeteilt in elf Kapitel bieten die rund 550 ausgestellten Werke von über 100 Künstlern — darunter Lovis Corinth, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Jeanne Mammen, Max Pechstein, Egon Schiele — Einblick in die bewegte Biografie des leidenschaftlichen und auch umstrittenen Sammlers, der während der Zeit des Nationalsozialismus in den Handel mit beschlagnahmter Kunst involviert war.

Sie zeugen von Gurlitts internationaler Tätigkeit, von seinen Netzwerken mit Museen und Freundschaften mit Künstlern wie Eric Isenburger, Kokoschka oder Pechstein, dessen Werk „Hängematte“ einst Gurlitts Arbeitszimmer zierte und nun in Linz zu sehen ist. „Die differenzierte und wissenschaftliche Ausarbeitung war mir wichtig“, betonte Lentos-Direktorin Hemma Schmutz, die ein großes wissenschaftliches Team versammelte und eng mit dem Archiv der Stadt Linz zusammenarbeitete. Und das spiegelt die von Elisabeth Nowak-Thaller kuratierte Schau („eine meiner größten Ausstellungen“) wider.

Restitutionen offengelegt

Die Stadt Linz erwarb 1952/53 den Grundstock des Museums — 84 Gemälde, 33 Zeichnungen und eine Kubin-Sammlung — aus den über den Krieg geretteten Beständen Gurlitts. Mit der Sammlung verwaltet das Museum ein glanzvolles wie problematisches Erbe. Seit 1999 hat die Stadt Linz 13 Werke jüdischen Besitzes aus der Gurlitt-Sammlung an die rechtmäßigen Erben der ehemaligen Besitzer zurückgegeben, wovon ein Bild rückerworben wurde. Die Restitutionen des Lentos werden im ersten Ausstellungsraum offengelegt.

Im großen Raum des Obergeschoßes sind die meisten Ausstellungskapitel zu sehen wie etwa „Künstlerfreundschaften“, „Museumsnetzwerke“ oder „Verfremdet und entartet“. Mithilfe eines architektonischen „Tricks“ in Form eines Tunnels können auch Werke gezeigt werden, die besonders vor Licht geschützt werden müssen. Es finden sich hier beispielsweise Grafiken von Käthe Kollwitz, Gustav Klimt, Lovis Corinth oder Egon Schiele. Oskar Kokoschkas Porträt zeigt „Wolfgang Gurlitt als Zauberprinz“, ein homoerotischer Zyklus von Jeanne Mammen wird erstmals vollständig gezeigt. Dass Gurlitt viele Frauen förderte wird deutlich. Insgesamt zeigte er als Direktor der Neuen Galerie der Stadt Linz über 100 Ausstellungen. Auszüge daraus, etwa aus der Schau „Aus der Werkstatt Walt Disney“ (1950), sind nun ebenfalls zu sehen.

Zwei Personen und Gurlitts Verlegerdasein ist im Untergeschoß viel Raum gewidmet: Der aus Budapest stammenden Lilly Agoston, Gurlitts Geliebter, und Alfred Kubin, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband.

Ganz und gar nicht freundschaftlich, sondern im Streit, verließ Gurlitt 1956 Linz. 1965 starb er in München.

PS: Die Lentos-Ausstellung wird nach ihrem Ende in Linz in adaptierter Form auch im Museum Kulturspeicher Würzburg zu sehen sein. ast

Katalog Hirmer Verlag, 488 Seiten, farbige Abbildungen, 39 Euro; Informationen: www.lentos.at

https://volksblatt.at/lentos-widmet-sich-seinem-gruender/
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