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NS-Raubkunst in Stuttgart Spurensuche im Namen der Nachfahren

1998
1970
1945
Stuttgarter Zeitung 25 February 2013
By Cedric Rehman

Stuttgart - Es ist eine Frage der Ehre und soll nicht eine Frage des Geldes sein. Die Stuttgarter CDU setzt sich dafür ein, dass am Kunstmuseum systematisch nach Kunst geforscht wird, die im NS-Regime unter Zwang ihren Besitzer gewechselt hat. Dafür wäre die CDU auch bereit, dem Kunstmuseum zusätzliches Personal zu gewähren. „Dafür werden wir uns bei den kommenden Haushaltsverhandlungen einsetzen, weil wir moralisch in der Pflicht stehen“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jürgen Sauer.

Sauer verweist auf die Erklärung von Washington aus dem Jahr 1998. Mit ihr ende eine Diskussion um von den Nazis beschlagnahmte oder enteignete Kunst, die Ende der 90er Jahre im Kontext der Entschädigungsforderungen von Zwangsarbeitern in NS-Deutschland entbrannte.

Das Landesmuseum hat eine eigene Provenienzforschung

Nach der rechtlich nicht bindenden Übereinkunft verpflichtete sich der deutsche Staat, beschlagnahmte Kunst zu identifizieren, die Nachfahren der rechtmäßigen Besitzer auszumachen und Wiedergutmachung an ihnen zu leisten.

In der Praxis bedeutet dies nicht unbedingt die Rückgabe der gestohlenen Werke. Oft verhandeln die Museen mit den Nachfahren früherer Besitzer auch über einen nachträglichen legalen Erwerb der Kunstwerke. Im Landesmuseum am Schillerplatz gibt es dafür eine eigene sogenannte Provenienzforschung. Ihre alleinige Aufgabe ist es, nach der Herkunft von Exponaten zu forschen und herauszufinden, ob es sich um von den Nazis gestohlene Kunst handelt. Zu Beginn des Jahres hatte das Landesmuseum nach Verhandlungen mit den in den USA lebenden Erben des Gründers der Dresdner Bank, Eugen Gutmann, zwei Renaissanceuhren erworben. Sie waren Teil der Sammlung des Museums. Es stellte sich aber heraus, dass sie ursprünglich der jüdischen Familie Gutmann gehört haben.

Ursprünglich in jüdischem Besitz

Am Kunstmuseum gibt es keine systematische Provenienzforschung. „Dazu müsste eine neue Stelle geschaffen werden“, sagt Eva Klingenstein, die Sprecherin des Kunstmuseums. Dennoch würde nach der Herkunft der Bilder geforscht, sagt Klingenstein. „Wir haben seit 1998 unsere Hausaufgaben erledigt“, sagt die Museumssprecherin. In den vergangenen Jahren habe es allerdings nur einzelne Fälle gegeben, in denen Ansprüche erhoben worden sind. Diese seien immer negativ beschieden worden, sagt Klingenstein.

Die Sprecherin des Kunstmuseums verweist darauf, dass beispielsweise die meisten Bilder aus der Otto-Dix-Sammlung aus Beständen der Familie Dix selbst stamme. „Da können wir NS-Raub also von vorn herein ausschließen“, sagt Klingenstein.

Jürgen Sauer lässt die geringe Zahl an Anfragen an das Kunstmuseum wegen NS-Raubkunst nicht als Argument gegen die Notwendigkeit einer professionellen Provenienzforschung gelten. Die Entschädigung dürfe nicht als etwas interpretiert werden, um das sich die Nachfahren von NS-Opfern selbst zu kümmern hätten, sagt Jürgen Sauer. „Das ist vielmehr eine Bringschuld der deutschen Gesellschaft.“


 

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