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"Günther Jauch" Richtige Fragen zu Gurlitt - und absurde Wendungen: The right questions on Gurlitt and absurd twists

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1945
Focus 25 November 2013

Der Nazi-Kunstschatz von Cornelius Gurlitt wird bei „Günther Jauch“ verhandelt. Viele wichtige Fragen werden diskutiert. Und: Viele haben sich mitschuldig gemacht.


Seit mehr als einem Jahr haben meine FOCUS-Kollegen Markus Krischer und Thomas Röll recherchiert. Spuren verfolgt, Verbindungen geprüft, Quellen entdeckt. Dann die Veröffentlichung. Eine Enthüllung, eine Sensation, nicht weniger als eine weltweite Aufregung. Etwa 1300 Bilder hat Cornelius Gurlitt in seiner Wohnung in München-Schwabing versteckt. Eine Milliarde Euro soll der sogenannte Nazi-Kunstschatz wert sein. Aber wem gehört er wirklich? Wer darf künftig über ihn verfügen?

Billig genommen, willfährig verkauft

Bei „Günther Jauch“ werden die richtigen Fragen gestellt. Rein juristisch trifft Cornelius Gurlitt offenbar keine Schuld. Sein Vater, ein Museumsdirektor, wurde von den Nazis abgesetzt. Jüdische Wurzeln zum einen, die Liebe zur Moderne, die als „entartet“ galt, zum anderen. Dennoch landen bei Vater und Sohn Gurlitt viele Schätze, die jüdischen Besitzern billig genommen, von scheinbar naiven Galeristen weiterverkauft und von gierigen Sammlern willfährig gekauft wurden.

Max gegen Max

„Der Milliardenschatz – wohin mit Gurlitts Bildern?“, will der ARD-Talk klären. Und verzeihlich ist, dass es wenig veritable Antworten gibt. Und absurde Wendungen. Max gegen Max. Weil ein Bild von Max Liebermann wegen des schweren Rahmens zu schwer abzuhängen ist, verkauft Cornelius Gurlitt einen berühmten Max Beckmann, den „Löwenbändiger“. Es geht um viel Rendite, aber auch um totes Geld. Weil sich keiner mit Juden-Besitz schmücken will.

Spannender als jeder Krimi

„Spannender als jeder Krimi“, verspricht Günther Jauch. Spannender als der fade Friesen-„Tatort“ zuvor war der ARD-Talk in jedem Fall. Peter Raue, Anwalt für Kunstrecht, kann sich nicht recht entscheiden, ob der bayerische Staat von „Trägheit“ oder aber „Dummheit“ geprägt ist. Hat man wirklich geglaubt, die Kunstwerke könnten bequem aus der unscheinbaren Schwabinger Wohnung in die glanzvollen Museen des Staates überführt werden? Muss man den alten Cornelius Gurlitt wirklich einfach in Frieden lassen, nur, „weil er aus der Zeit gefallen ist“, wie manche „Jauch“-Gäste befinden?

Böse, braune Vergangenheit

Müssen nicht längst neue Gesetze beschlossen werden, die eine Rückgabe an die Besitzer ermöglicht? Muss man immer noch mantramäßig behaupten, dass jetzt mal alles gut sein müsse mit der bösen, braunen Vergangenheit?

Nicht Boris Becker

Er sei nicht Boris Becker, er verstehe die Verfolgung nicht, sagt Cornelius Gurlitt. Es sagt indes der frühere Kulturstaatsminister Michael Naumann, „Gurlitt wusste sehr genau, was er tat“. Die Werke seien „gestohlen“.

Peinlich viele Mitwisser

Wie viele Mitwisser gibt es sonst? Peinlich viele. Angeblich hingen Tausende Kunstwerke fragwürdiger Herkunft in Minister-Amtsstuben. Oder hängen immer noch? Ein ordentliches Restitutionsgesetz wäre schön. So lange gilt: Besitzer aller Länder, vereinigt euch! Auf dass jeder sein Bild aus dem Nazi-Kunstschatz im Wohnzimmer aufhängen darf. http://www.focus.de/kultur/kino_tv/focus-fernsehclub/tv-kolumne-guenther-jauch-besitzer-aller-laender-vereinigt-euch_id_3426136.html
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