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Preußenstiftung gab 350 Kunstwerke an Erben zurück - SPK has restituted 350 items

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Berliner Morgenpost 19 February 2014

Von Gabriela Walde

 Hermann Parzinger, Präsident der Preußenstiftung, fordert nach dem Fall Gurlitt ein Bundesamt für die Forschung zur NS-Raubkunst. Für die Rückgabe des Welfenschatzes sieht er hingegen keinen Grund.

Foto: bpk/Nationalgalerie
 Wegen Sanierung geschlossen: Der gläserne Anbau des Museums Berggruen. Auch in diesem Haus wird der Bestand der Klassischen Moderne demnächst untersucht
Wegen Sanierung geschlossen: Der gläserne Anbau des Museums Berggruen. Auch in diesem Haus wird der Bestand der Klassischen Moderne demnächst untersucht.

Jenseits der Ausstellungen gibt es unter den Museumschefs der Republik ein Thema: den Fall Cornelius Gurlitt in all seinen immer neuen Wendungen und Fragen, auch international schlug er Wogen. Wenn also der umstrittene "Schwabinger Kunstfund" eines bewirkt hat, ist es die Erkenntnis, dass die Museen gar nicht genug tun können in Sachen Provenienzforschung.

 

Erst am Montag hatte der Anwalt des Sammlers die Ausstellungshäuser heftig kritisiert: "Bis heute weigern viele Museen in Deutschland sich kategorisch, überhaupt nach Raubkunst in ihren Sammlungen zu suchen und Fundmeldungen ins Internet zu stellen", heißt es auf der Webside gurlitt.info.

Hermann Parzinger, Präsident der Preußenstiftung, weiß um die steigende Anforderung der Eigentumsrecherche und geht einen Schritt weiter: Er fordert eine zentrale Einrichtung, ein Bundesamt, unter dessen Dach die einzelnen Forschungsstellen wie die Taskforce, die Arbeitsstelle für Provenienzrecherche (AfP) und die Koordinierungsstelle Magdeburg ihre Kompetenzen bündeln können. "Das wäre ein gutes Zeichen im Ausland."

Seit gut 15 Jahren hätte die Stiftung in der Provenienzrecherche "vorbildlich gehandelt", sagt er auf der jährlichen Pressekonferenz. Mittlerweile gibt es zwei Vollzeitstellen, um die Bestände systematisch analysieren zu können auf verfolgungsbedingte Raubkunst. Jene Werke also, die dem ursprünglichen Besitzer zu NS-Zeiten entzogen wurden. 500 Werke, die bis 1945 entstanden und in den Fundus der Nationalgalerie und des Kupferstichkabinetts gehören, wurden untersucht.

In 50 Fällen von Restitution hat die Stiftung entschieden, erklärte Parzinger. 350 Kunstwerke gingen zurück an die Erben und Rechtsnachfolger, darunter eine Zeichnung van Goghs und C.D. Friedrichs "Der Watzmann". Die Staatsbibliothek entschied sich bei rund 1000 Bänden für die Rückgabe. Derzeit sitzt eine Wissenschaftlerin am Fundus der Zeichnungen der Nationalgalerie, die aus dem Zeitraum 1933 bis '45 stammen.

In den nächsten zwei Monaten beginnt ein Mitarbeiter mit der Sichtung von Gemälden, Skulpturen und Papierwerken aus dem Museum Berggruen, das derzeit teilweise geschlossen ist. 135 Werke, die vor 1945 entstanden sind, kommen unter die Lupe. Das mag befremden, denn Heinz Berggruen musste Berlin aufgrund seiner jüdischen Herkunft verlassen. Einen Anfangsverdacht gäbe es nicht, so Parzinger. Doch die lückenlose Aufarbeitung der einzelnen Sammlungen ist wichtig.

Kulturforum mit Neubau

Ein "Sorgenkind" für den Stiftungspräsidenten bleibt das Kulturforum und der geplante Neubau für die Schätze des 20. Jahrhunderts. Hier soll auch die Surrealisten-Sammlung des Ehepaares Pietzsch endlich ihr neues Zuhause finden. Noch vor der Sommerpause hofft er auf eine Entscheidung. Den Standort, die Sigismundstraße, sieht er als "die ideale Ver- und Anbindung" zu den anderen Häusern. Das städtebauliche Dilemma aber – die unwirtliche und öde Brache der Piazzetta – bleibt, das ist eine andere Baustelle. "Ich möchte nicht noch in zehn Jahren hier sitzen und über das Kulturforum diskutieren", meint Parzinger.

Ansonsten laufen die Bauvorhaben der Stiftung planmäßig, versichert der Chef. 2017 soll die James-Simon-Galerie, das zentrale Eingangsgebäude der Museumsinsel eröffnet werden. Endlich, möchte man sagen, nach mehrjähriger Verzögerung aufgrund von Problemen am Fundament.

Auch die Sanierung des Pergamonmuseums schreitet voran – bei laufendem Betrieb. Allerdings muss der Pergamon-Saal ab September geschlossen werden. "Das ist der Preis, den wir für die Sanierung zahlen", so Parzinger. Das fällt schwer, denn das Pergamonmuseum ist mit 1,3 Millionen Besuchern das bestbesuchteste Haus der Stadt. Darauf muss man reagieren: In der "Nähe der Museumsinsel" solle eine temporäre Ausstellung mit dem Pergamon-Panorama des Künstlers Yadegar Asisi für Ersatz sorgen. Außerdem sollen dort einige Originale präsentiert werden. Noch werden Sponsoren für die Finanzierung gesucht. Bis 2019 sollen der Nord- und Mittelflügel umgebaut werden. Dann soll der vierte Flügel folgen.

Auch Mies van der Rohes Nationalgalerie ist sanierungsbedürftig, Ende des Jahres ist es soweit. Die Planungshoheit für den Bau hat der britische Architekt David Chipperfield.

Dafür wird am Kulturforum das Kunstgewerbemuseum nach der Umgestaltung eröffnet. Mit neuem Auftritt für die Fashion – es wird eine Modegalerie geben. Die Berliner Museumsarchitekten Kuehn/Malvezzi bastelten an den Entwürfen. Hauptsache man sieht hinter der Piazzetta auch den Eingang, der war vor der Sanierung – unsichtbar.

33 Millionen Einnahmen

33 Millionen Euro hat die Stiftung 2013 eingenommen, eine Steigerung von über 37 Prozent. Dazu gehören Gelder aus Eintritten, Führungen, der Verkauf von Katalogen und Merchandising-Produkten. Dienstleistungen lässt sich der Besucher also etwas kosten. Sehr beliebt sind die Produkte aus der Charlottenburger Gipsformerei. Dort werden Repliken historischer Originale wie Nofretete oder die Prinzessinnengruppen hergestellt. Diese Gelder braucht die Stiftung dringend, sie fließen in steigende Personalkosten. Für dieses Jahr rechnet Parzinger mit Gesamtausgaben von 258 Millionen Euro. Für Bauvorhaben stehen 2014 rund 80 Millionen Euro zur Verfügung, der gleiche Betrag wie im Vorjahr. Das reicht nicht für große architektonische Lösungen.

 

http://www.morgenpost.de/kultur/berlin-kultur/article124992552/Preussenstiftung-gab-350-Kunstwerke-an-Erben-zurueck.html
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