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«Diese Sammlung darf man zeigen» - "This collection can be on display"

1998
1970
1945
Der Bund 8 May 2014
Mit Matthias Frehner sprach Simone Schmid

Das Kunstmuseum Bern erbt die millionenschwere Sammlung des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt. Direktor Matthias Frehner ist einer Annahme von Gurlitts Erbe nicht abgeneigt.

Warum erbt ausgerechnet das Kunstmuseum Bern die ­Gurlitt-Sammlung?

Das ist die Frage, auf die ich auch gerne eine Antwort wüsste. Ich fiel aus allen Wolken, es ist ein unglaubliches Ereignis, dass man eine Sammlung erbt, die international derart ein Thema ist. Die einen sagen, sie enthalte spektakuläre Werke, andere relativieren das, niemand hat sie jedoch gesehen. Vielleicht enthält sie tatsächlich Hauptwerke der klassischen Moderne, die nicht bekannt sind und die man neu in den Diskurs ein­bringen kann.

Hatte Ihr Museum Kontakt mit Cornelius Gurlitt?

Nein, niemand hat ihn gekannt. Es lassen sich keine Kontakte zwischen Herrn Gurlitt oder seinem Vater zum Kunst­museum Bern nachweisen.

Die Galerie Kornfeld ist eine Gönnerin des Museums und hat mit Herrn Gurlitt Geschäfte gemacht.

Ja, Herr Kornfeld ist ein wichtiger Mäzen unseres Hauses. Aber er spielt überhaupt keine Rolle in der Beziehung mit Cornelius Gurlitt. Man darf das Erbe nicht darauf zurückführen.

Werden Sie das Erbe annehmen?

Diese Frage wird unser Stiftungsrat in den nächsten paar Wochen in einer Sondersitzung entscheiden. Für eine Annahme spricht, dass die Sammlung ein grosses Konvolut an «entarteter Kunst» enthält und dass man dieses das erste Mal in einem Museum zeigen kann. Das ist eine Herausforderung für ein Museum und von grossem Interesse für die Öffentlichkeit.

Haben Sie keine Angst vor einem Imageschaden?

Im Falle einer Annahme würden wir alle offenen Fragen abklären lassen, das ist ganz klar. Aber wenn einmal die Schuld beglichen ist und die Fragen geklärt sind, dann darf man einen so wichtigen Bestand auch zeigen. Dann ist die Ungerechtigkeit, die allenfalls passiert ist, beglichen, und die restliche Kunst darf in einem normalen Museum gezeigt werden. Jetzt muss man als Erstes abklären, was die Sammlung alles enthält und wo die Probleme liegen könnten.

Die Herkunft der meisten Bilder ist noch unerforscht. Erben Sie auch die Mittel, um die Provenienzforschung weiterzuführen?
Ich kann nur sagen: Wir sind Alleinerbe. Ich kenne kein Inventar und keine Schätzungen. Aber ich gehe davon aus, dass die Mittel da sind, um alle offenen Fragen zu klären, welche die Herkunft der Bilder betreffen. Herr Gurlitt hat selber das Problem und die Wichtigkeit erkannt und bereits eine fähige Expertengruppe eingesetzt, die an der Arbeit ist. Die offenen Fragen sollen möglichst rasch und zuverlässig geklärt werden.

 Matthias Frehner: Der aus Winterthur stammende Kunsthistoriker leitet seit 2002 als Direktor das Kunstmuseum Bern.

 

http://www.derbund.ch/kultur/kunst/Diese-Sammlung-darf-man-zeigen-/story/26545343
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