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Acht Bilder und viele Fragezeichen - Eight paintings and many questions

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Wiener Zeitung 22 May 2014
 

Betreuer sieht derzeit Raubkunst-Verdacht bei 8 Bildern der Gurlitt-Sammlung.


NS-Raubkunst oder nicht? - Nicht nur die "sitzende Frau" von Henri Matisse aus der Sammlung Gurlitt gibt Ratsel auf.

München - Der Unterschied beträgt derzeit genau 450 Bilder. Der Unterschied nämlich, wieviele Bilder aus der Sammlung des verstorbenen Cornelius Gurlitt nach Meinung seines Betreuers Christoph Edel und nach der Auffassung der Berliner-Expertentaskforce unter NS-Raubkunstverdacht stehen.

"Nach derzeitigem Stand muss lediglich bei acht Werken ein NS-verfolgungsbedingter Entzug angenommen werden", sagte Edel nämlich in der soeben veröffentlichten Trauerrede bei der Beisetzung am Montag in Düsseldorf. "Ob weitere Werke dazukommen, muss die laufende Forschung ergeben", heißt es darin. Was zweifellos der Richtigkeit nicht entbehrt, zumal die Berliner Taskforce, die Gurlitts Sammlung untersucht, den Raubkunstverdacht bei 458 Werken nicht ausschließen mag.

Gurlitt, der mit seinen millionenschweren Bildersammlungen in München und Salzburg monatelang im Zentrum der größten Kunstsensation der vergangenen Jahrzehnte stand, war am 6. Mai gestorben. "Die Kunstsammlung war ihm zunehmend zu einer schweren Last geworden", sagte Edel in der Grabrede. "Cornelius Gurlitt konnte in der Gewissheit, mit seiner freiwilligen Zustimmung zur Aufklärung und Restitution ein beispielloses Zeichen gesetzt zu haben, von seinen Bildern loslassen."

Kurz vor seinem Tod hatte Gurlitt einen Vertrag mit der deutschen Bundesregierung und dem Freistaat Bayern geschlossen, in dem er die Erforschung seiner Bilder auf Nazi-Raubkunst sicherstellte. Er erklärte sich bereit, Bilder gegebenenfalls an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben.

Wer sich nach seinem Tod um die Ansprüche möglicher Erben kümmert, ist allerdings völlig unklar. Gurlitt hatte das Kunstmuseum Bern in seinem Testament als Alleinerben bedacht. Sollte das Museum das Erbe antreten, müsste es auch diese Gespräche führen. Das Museum hat aber, offenbar im Bewusstsein, sich ein Damoklesschwert einzuhandeln, noch nicht entschieden, ob es die Erbschaft annimmt.

 

http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/kunst/632534_Acht-Bilder-und-viele-Fragezeichen.html
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