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Jüdischer Weltkongress warnt Gurlitts Erben - World Jewish Congress warns Gurlitt heirs

1998
1970
1945
Der Spiegel 1 November 2014
 

Chagall, Picasso, Matisse - der verstorbene Kunsterbe Cornelius Gurlitt hat seine Sammlung dem Kunstmuseum Bern vermacht. Im SPIEGEL warnt der Präsident des Jüdischen Weltkongresses nun vor einer Prozesslawine.

Hamburg - Ronald Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, hat das Kunstmuseum Bern davor gewarnt, das Erbe von NS-Kunsthändler-Sohn Cornelius Gurlitt voreilig anzunehmen. Ließen sich die Berner auf dieses Erbe ein, "wird es die Büchse der Pandora öffnen und eine Lawine von Prozessen auslösen", sagte Lauder in einem gemeinsamen SPIEGEL-Gespräch mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU).

Das Kunstmuseum in Bern will demnächst verkünden, ob es das Erbe des im Mai verstorbenen Gurlitt annimmt und in welcher Form. Gurlitt war am 6. Mai gestorben. In seinem Testament verfügte er, seine Sammlung solle im Kunstmuseum Bern verbleiben. Später wurde bekannt, dass es noch ein zweites Testament von Gurlitt gibt, das das andere ergänzt.

Cornelius Gurlitt war der Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, der nach 1933 Geschäfte mit den Nationalsozialisten gemacht hatte. Seinem Sohn hinterließ er eine spektakuläre Sammlung von Kunstwerken von unter anderem Marc Chagall, Pablo Picasso und Henri Matisse. Im Februar 2012 waren die Bilder in der Wohnung von Cornelius Gurlitt in Schwabing gefunden und beschlagnahmt worden.
Museen, die "Kunst regelrecht verstecken"

Kulturstaatsministerin Grütters bestätigte, dass die deutsche Regierung noch mit dem Museum in Bern verhandele. Sie betonte, diese Institution bekenne sich zu der von Gurlitt zugesicherten Aufarbeitung, auch zur Restitution von Raubkunst: "Ich bin überzeugt, wir werden zu einer guten und vernünftigen Lösung kommen."

Lauder fordert die Deutschen insgesamt zu mehr Engagement bei der Erforschung von Raubkunst auf, auch von solcher, die nach wie vor in den Museen liege. Man müsse die Museen ahnden, die "Kunst regelrecht verstecken".

Grütters stimmt Lauders Meinung, die Museen würden zu wenig Provenienzforschung betreiben, in Teilen zu: "Der Eindruck, dass es schleppend läuft, täuscht leider nicht." Der Bund aber habe die Mittel für die Provenienzforschung verdreifacht.

Lauder gab zu bedenken, dass sich die Gesetzgebung in Deutschland verändern müsse. "Die Rechtsgrundlage ist sehr wichtig. Die Amerikaner glauben, dass sich die deutschen Museen hinter der deutschen Gesetzeslage, die sie zu nichts zwingt, verschanzen."

 

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