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Vertreter berufen - Representatives chosen

1998
1970
1945
Juedische Allgemeine 17 November 2016
von Philipp Peyman Engel

Limbach-Kommission hat nun zwei jüdische Mitglieder



Gary Smith, der frühere Direktor der American Academy in Berlin


Raphael Gross, Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte in Leipzig  

Lange wurde darüber gerätselt, welche jüdischen Vertreter in die Limbach-Kommission zur Rückgabe von NS-Raubkunst berufen werden. Nun stehen die beiden neuen Mitglieder fest: Raphael Gross, Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte in Leipzig, und der amerikanische Judaist und frühere Direktor der American Academy in Berlin, Gary Smith, werden künftig bei Streitfällen über die Rückgabe von Kulturgütern mitberaten. Ein dritter Platz, der durch den Tod der Juristin Jutta Limbach frei geworden ist, wird mit der Ex-Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts, Marion Eckertz-Höfer, besetzt.

Mit der Berufung von zwei jüdischen Mitgliedern solle die Opferperspektive bei der Arbeit der Limbach-Kommission direkter eingebracht werden, betonte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) vergangene Woche in Berlin. »Die rückhaltlose Aufarbeitung des nationalsozialistischen Kunstraubs ist eine bleibende Verpflichtung Deutschlands. Deshalb war es mir außerordentlich wichtig, die Beratende Kommission so weiterzuentwickeln, dass sie auch in Zukunft erfolgreich und von allen Seiten anerkannt ihre sensible und schwierige Aufgabe wahrnehmen kann«, so Grütters. Durch die Reform der Kommission werde die Arbeit des Gremiums und die Rückgabe der unrechtmäßig entwendeten Kunstwerke befördert.

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch vergangener Woche eine entsprechende Reform der Limbach-Kommission beschlossen. Am Tag darauf stimmten die Bundesländer der Reform der Beratenden Kommission zu.

reform Eine weitere Änderung sieht vor, dass die Amtszeit für neue Mitglieder der Kommission von nun an auf zehn Jahre begrenzt wird. Zudem besteht künftig die Möglichkeit, dass das Gremium auch von Privatpersonen angerufen werden kann, die über mögliche Kulturgüter verfügen. Nicht reformiert indes wurde die Regelung, dass das Gremium nur dann angerufen werden kann, wenn sowohl die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben als auch die heutigen Besitzer dazu ihr Einverständnis erklärt haben.

Vertreter von Opferverbänden kritisieren dies, da zum Beispiel Museen oder andere öffentliche Einrichtungen häufig kein Interesse daran haben, strittige Fälle vor die Kommission zu bringen und womöglich Kulturgüter zurückzugeben, die während der NS-Zeit jüdischen Eigentümern entzogen wurden.

Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, sagte der Jüdischen Allgemeinen zur Reform des Gremiums: »Die Kommission muss im Sinne der Opfer arbeiten, wenn sie ihrem Beitrag im Umgang mit Nazi-Raubkunst gerecht werden soll.« Kulturstaatsministerin Monika Grütters teilte dazu mit: »Ich erwarte, dass ausnahmslos alle deutschen Museen selbst- verständlich zu einem Verfahren vor der Beratenden Kommission bereit sind. Dies gebietet die moralische und historische Verantwortung gegenüber den Opfern der NS-Verfolgung.«

streit Der Erweiterung der Kommission um jüdische Mitglieder war Anfang dieses Jahres ein Streit um eine Aussage von Monika Grütters zum Thema vorausgegangen. Damals hatte sich die Politikerin laut einem Bericht der »New York Times« gegen einen jüdischen Vertreter in der Limbach-Kommission ausgesprochen.

Die Zeitung zitierte die Ministerin mit den Worten: »Es wäre die einzige Stimme, die voreingenommen wäre.« Demnach solle wegen möglicher Interessenskonflikte kein Jude dem Gremium angehören, das in NS-Raubkunstfragen berät. Daraufhin kritisierten verschiedene Anwälte jüdischer Erben sowie der Jüdische Weltkongress die Ausführungen Grütters. Zudem bemängelten sie, dass die Entscheidungen der Limbach-Kommission unfair und intransparent seien.

Auf Anfrage des »Tagesspiegel« hob Grütters damals jedoch hervor, sie habe den von der New York Times zitierten Satz niemals gesagt. »Niemand hat jemals einer jüdischen Persönlichkeit die Objektivität abgesprochen«, betonte Grütters.

empfehlungen Die 2003 eingerichtete Kommission vermittelt auf Wunsch zwischen Beteiligten, wenn es Streit um etwaige Raubkunst gibt. Sie spricht – nicht bindende – Empfehlungen aus für den Um- gang mit Kunstwerken, deren Eigentum sowohl die ursprünglichen Besitzer als auch die heutigen Eigentümer beanspruchen.

Der offizielle Titel des Gremiums lautet »Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz«.

 

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