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Der Raubkunst auf der Spur - On the trail of robbery

1998
1970
1945
Nordwest Zeitung 16 March 2017
Von Richard Roske

Die Ausstellung ist ein gemeinsames Projekt der Oldenburgischen Museen und des Schlossmuseums. Das Ehepaar Christ aus Jever hat drei Gegenstände übergeben.


Stellen ihr Projekt vor: Dr. Andreas von Seggern (Stadtmuseum Oldenburg, von links), Dr. Marcus Kenzler (Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg), Heike Christ, Karl-Ludwig Christ, Holger Frerichs sowie Prof. Dr. Antje Sander und Christiane Baier (beide Schlossmuseum Jever).

Jever/Oldenburg
: Heike Christ und ihr Mann Karl-Ludwig sitzen im Schlossmuseum Jever – bereit, ihre Familienschätze dem Museum zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich dabei um zwei Porzellanbilder und einen Zierteller. Zu sehen ist eine Landschaft an der Rhein-Schleuse bei Katwijk (Niederlande). NS-Raubkunst?

Um diese Frage geht es im Projekt des Schlossmuseums in Kooperation mit dem Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte und dem Stadtmuseum Oldenburg. Das heißt: Objekte, die die Nationalsozialisten Juden geraubt haben, sollen erforscht und dann ausgestellt werden. Sofern die ursprünglichen Eigentümer zu ermitteln sind, sollen die Gegenstände sogar an sie zurückgegeben werden.

Es geht dabei vorrangig um Alltagsobjekte. „Von den Enteignungen im Nationalsozialismus waren auch viele Juden betroffen, deren Gegenstände nicht so einen hohen materiellen Wert, aber durchaus ideellen Wert hatten“, sagte Dr. Marcus Kenzler vom Landesmuseum: „Wir wollen die Geschichten der enteigneten Objekte erzählen.“

Erste Objekte sind da

Das Schlossmuseum Jever beschäftigt sich seit 2014 mit solchen Objekten und hat bereits zwei silberne Kännchen ausgestellt, die einst jüdischen Bürgern gehörten.

Mit den Schätzen von Heike Christ wird die Sammlung nun vergrößert. Die Objekte stammen vom Mann ihrer Patentante. Er war Tischler und hat in seinem Möbelladen so genannte „Hollandmöbel“ verkauft. Das sind beschlagnahmte Güter von Juden, die aus Holland, Belgien, Luxemburg und Frankreich deportiert wurden. Das Raubgut wurde an verschiedene Städte geschickt und dann an Bombengeschädigte oder kinderreiche Familien verteilt oder verkauft.

Diese Hollandmöbel sind auf alten Fotos mit den Porzellanbildern und dem Teller zu sehen. Das allein könnte schon ein Hinweis darauf sein, dass sie ebenfalls zum Bestand der Raubkunst gehören. Zusätzlich trägt das Porzellanbild die Aufschrift: „Rinsbuis, Katwijk a Zee“ – ein weiteres Indiz dafür, dass die Objekte aus den Niederlanden stammen.

Die Chance, dass bei diesen Gegenständen die ursprünglichen Eigentümer ermittelt werden und die Objekte an sie oder ihre Nachfahren zurückgegeben werden können, sei sehr gering, meinen Dr. Kenzler und Dr. Andreas von Seggern vom Stadtmuseum Oldenburg. Doch das sei auch nicht vorrangiges Ziel. „Uns interessieren vor allem die Geschichten dahinter“, betont Schlossmuseumsleiterin Prof. Dr. Antje Sander. Deshalb hofft sie, dass nun weitere Bürger solche „Schätze“ zur Verfügung stellen.

Auch anonym

Karl-Ludwig Christ findet das wichtig. „Früher wurde nie öffentlich über die Enteignungen der Juden und die Auktionen von Raubgut geredet.“ Leihgeber solcher Gegenstände können sich auch anonym melden – noch immer fürchten viele, in Verruf zu kommen, weiß Antje Sander.

Heike und Karl-Ludwig Christ sind mit ihrem Schritt jedenfalls zufrieden.

Forschungsprojekt „Hollandmöbel“

Das Schlossmuseum Jever forscht seit 2014 nach den so genannten „Hollandmöbeln“. Dabei handelt es sich um Möbel, die die Nationalsozialisten von Juden beschlagnahmt haben, die aus Holland, Belgien, Luxemburg und Frankreich deportiert wurden. Das Raubgut wurde an Bombengeschädigte oder kinderreiche Familien verteilt oder verkauft. Wer weiß oder glaubt , solche Möbel zu haben, kann sich an folgende Museen wenden:
- Schlossmuseum Jever, Tel. 04461/969350.
- Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Schloßplatz 1, Oldenburg, Tel. 0441/2207300.
- Stadtmuseum Oldenburg, Am Stadtmuseum 4 bis 8, Oldenburg, Tel. 0441/23 52 886.

https://www.nwzonline.de/friesland/kultur/der-raubkunst-auf-der-spur_a_31,2,2668788044.html
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