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Restituiertes Bild geht an Jüdisches Museum - Restituted painting goes to the Jewish Museum

1998
1970
1945
ORF 21 January 2022
 

Das Jüdische Museum Wien hat einen neuen Stammgast in Person eines „Vornehmen Herrn“: Die entsprechende Bleistiftzeichnung fand sich seit 1939 im Besitz der Albertina. Nach der Resitutierung schenkte die Erbin das Bild dem Jüdischen Museum.

Das Bild war 2013 zur Restitution empfohlen und 2020 schließlich der Erbin Adella Feuer übergeben worden. Diese wünschte sich den Verbleib des Werks in Wien und schenkte es dem Jüdischen Museum.

Weder Künstler noch Porträtierter bekannt

Weder Künstler noch Porträtierter der Grafik konnten bis dato sicher ermittelt werden. Aufgrund modischer Details wird eine Entstehungszeit in den frühen 1820ern vermutet. Spätere Notizen, die teils erst bei der Inventarisierung auf der Rückseite des Blattes durch Mitarbeiterinnen der Albertina hinzugefügt wurden, deuten es als Bildnis eines Wiener Bürgermeisters Leopold Rössler und vermuten die Autorschaft Ferdinand Georg Waldmüllers. Doch ist eine in dieser Funktion amtierende Person nicht bekannt.

Albertina-Chef Schröder und Spera vom Jüdisches Museum mit der Schenkung

Stilistisch gehört das Bleistiftbildnis in den Kreis des 1808 in Wien gegründeten Lukasbundes, ein Zusammenschluss von Kunststudierenden, die aus Enttäuschung dem akademischen Lehrbetrieb entsagten. Die Zeichnung stehe insbesondere der hochkultivierten Porträtkunst eines Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872) nahe, einem der Wegbereiter der Wiener Romantik, heißt es in einer Aussendung.

Restitutionsfall Adella Feuer

Adella Feuer (Geborene Taubmann) wurde 1903 in Aachen geboren und heiratete 1927 Max Feuer in Wien. Die Ehe blieb kinderlos und wurde 1934 geschieden. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich bereitete Adella Feuer, die als Jüdin durch nationalsozialistische Verfolgung gefährdet war, ihre Flucht vor und suchte bei der Zentralstelle für Denkmalschutz um Genehmigung für die Ausfuhr ihrer Kunstgegenstände an.

Die Ausfuhrgenehmigung für die Bleistiftzeichnung wurde jedoch nicht erteilt und daher entschied sie sich offenbar dazu, diese – belegt durch die von ihr unterzeichnete Quittung vom 15. März 1939 – an die Albertina zu verkaufen. Feuer flüchtete aus Wien, wurde aber in Italien verhaftet und 1944 nach Auschwitz deportiert. Sie überlebte und emigrierte 1947 in die USA, wo sie den Geburtsnamen ihrer Mutter annahm und sich fortan Ada Imberman nannte. Sie starb 1979 in Miami Beach, Florida.

"Bewusstsein für Dringlichkeit schärfen“

Im Zuge der proaktiven Provenienzforschung seitens der Kommission für Provenienzforschung konnte das einst von Adella Feuer verkaufte Blatt aufgefunden und dem Kunstrückgabebeirat zur Kenntnis gebracht werden. Dieser empfahl im März 2013 die Rückgabe der Zeichnung aus der Albertina. Die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) wurde beauftragt, die Erben und Erbinnen festzustellen. Die IKG konnte im Zuge der Recherchen den Neffen und die Nichte von Adella Feuer ausfindig machen.

Der Neffe verzichtete auf seinen Anteil und Nichte Sylvia Taubman wurde zur Alleinerbin. Ihr Wunsch war es, dass die Grafik in Wien verbleibt und dem Jüdischen Museum Wien als Schenkung übergeben wird. „Das Jüdische Museum Wien ist sehr dankbar für diese Schenkung. Mit der Bleistiftzeichnung können wir an Adella Feuer und die Familie Taubman erinnern, indem wir ihr Schicksal an unsere Besucher*innen vermitteln und das Bewusstsein für die Dringlichkeit von Restitutionen schärfen“, so Direktorin Danielle Spera in einer Aussendung am Freitag.

„Gerechtigkeit nie in Geld aufwiegen“

Seit dem Erlass des Kunstrückgabegesetzes im Dezember 1998 habe der Kunstrückgabebeirat in 46 Fällen Rückgabebeschlüsse zu fast 4.000 Objekten aus der Albertina gefasst, heißt es in einem Statement von Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder. „Werke, die unrechtmäßig in unsere Sammlung gelangt sind, sollen und wollen wir nicht besitzen. Manchmal betrifft dies Werke im Wert von vielen Millionen Euro, manchmal von geringfügigem, aber hohem symbolischen oder persönlichem Wert.“ Gerechtigkeit sollte aber nie in Geld aufgewogen werden, so der Albertina-Chef.

Translation:

Restituted painting goes to the Jewish Museum

The Jewish Museum Vienna has a new regular guest in the person of a "distinguished gentleman": The corresponding pencil drawing has been in the Albertina's possession since 1939. After the restitution, the heir donated the picture to the Jewish Museum.

The picture was recommended for restitution in 2013 and was finally handed over to the heiress Adella Feuer in 2020. She wanted the work to remain in Vienna and donated it to the Jewish Museum.

Neither artist nor sitter known

To date, neither the artist nor the person portrayed in the graphic could be identified with certainty. Due to fashionable details, the date of origin is assumed to be in the early 1820s. Later notes, some of which were only added to the back of the sheet during the inventory by employees of the Albertina, interpret it as a portrait of a Viennese mayor Leopold Rössler and suspect the authorship of Ferdinand Georg Waldmüller. However, no one is known to hold this position.

Stylistically, the pencil portrait belongs to the group of the Lukasbund founded in Vienna in 1808, an association of art students who, out of disappointment, gave up academic teaching. The drawing is particularly close to the highly cultivated portrait art of Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872), one of the pioneers of Viennese Romanticism, according to a press release.

Adella Feuer restitution case

Adella Feuer (nee Taubmann) was born in Aachen in 1903 and married Max Feuer in Vienna in 1927. The marriage remained childless and was divorced in 1934. After Austria was annexed by the German Reich, Adella Feuer, who as a Jew was threatened by National Socialist persecution, prepared to flee and applied to the Central Office for Monument Protection for permission to export her art objects.

However, the export license for the pencil drawing was not granted and therefore she apparently decided to sell it to the Albertina – as evidenced by the receipt she signed on March 15, 1939. Feuer fled Vienna but was arrested in Italy and deported to Auschwitz in 1944. She survived and emigrated to the USA in 1947, where she took her mother's maiden name and called herself Ada Imberman from then on. She died in Miami Beach, Florida in 1979.

"Raising Awareness of Urgency"

In the course of proactive provenance research by the Commission for Provenance Research, the sheet that Adella Feuer had once sold was found and brought to the attention of the Art Restitution Advisory Board. In March 2013, he recommended returning the drawing from the Albertina. The Vienna Jewish Community (IKG) was commissioned to determine the heirs. During the research, the IKG was able to locate Adella Feuer's nephew and niece.

The nephew renounced his share and niece Sylvia Taubman became the sole heir. It was her wish that the graphics should remain in Vienna and be donated to the Jewish Museum Vienna. “The Jewish Museum Vienna is very grateful for this donation. The pencil drawing allows us to commemorate Adella Feuer and the Taubman family, conveying their fate to our visitors and raising awareness of the urgency of restitutions," Director Danielle Spera said in a broadcast on Friday.

"Never weigh justice in money"

Since the enactment of the Art Restitution Act in December 1998, the Art Restitution Advisory Board has passed resolutions on the return of almost 4,000 objects from the Albertina in 46 cases, according to a statement by Albertina General Director Klaus Albrecht Schröder. “We should not and do not want to own works that have illegally entered our collection. Sometimes this affects works worth many millions of euros, sometimes of minor but high symbolic or personal value.” But justice should never be measured in money, according to the Albertina boss.

 

https://wien.orf.at/stories/3139651/
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